Rhodos-Tagebuch von Christopher Hatz

Christopher Hatz gibt uns mit seinem Rhodos-Tagebuch ein paar Einblicke ins Renngeschehen und hinter die Kulissen beim GP und der Tour of Rhodes.


05.03.2017 - Horrorszenario überschattete Joshuas dritten Platz

Nach der gestrigen Teampräsentation im in die Jahre gekommen Velodrom von Rhodos gaben wir heute unseren Saisonauftakt beim Rhodos Grand Prix (Kat. 1.2). Nach dem morgendlichen Kampf am Frühstücksbuffet starteten wir pünktlich um 12 Uhr in das 194 Kilometer lange Rennen. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich bei Temperaturen um die 20 Grad jemals in eine Saison gestartet bin.

Die Neutralisation und auch die ersten Kilometer des Rennens waren wie erwartet sehr nervös. Nachdem sich zwei Fahrer vom Feld lösten, kehrte etwas Ruhe ein. Viel Zeit, um die schöne Landschaft zu genießen, blieb jedoch nicht, da die eher schlechten Straßenverhältnisse unsere ganze Aufmerksamkeit verlangten.

Nach dem langen Anstieg zur Mitte des Rennens konnte sich eine kleine Gruppe mit meinem Teamkollegen Luca Henn lösen. In der Abfahrt rechnete ich schon damit, dass wieder alle Gruppen zusammenlaufen werden und das Rennen im Massensprint entschieden wird.

Das Finale lief für uns nach Wunsch. Unser Sprinter Joshua Huppertz wurde Dritter und bescherte sich und der Mannschaft einen super Saisonstart.

Das Finale wurde aber leider von einem schlimmen Unfall überschattet. 1,5 Kilometer vor dem Ziel kamen uns plötzlich zwei Motorräder auf der Straße entgegen. Die Fahrer im vorderen Feld konnten noch ausweichen, weiter hinten kamen aber etliche Kollegen zu Fall. Das war ein echtes Horrorszenario, das man nicht erleben möchte. Ich hoffe, es hat sich niemand ernsthaft verletzt und wir können gemeinsam am Freitag in die Tour of Rhodos starten.

Euer Chris

 


12.03.2017 - Heftiger Regen, Gewitter und Felsbrocken auf der Straße

Wir sind alle mit der Hoffnung auf milde Temperaturen und viel Sonnenschein nach Rhodos geflogen. Das Wetter während des Eintagesrennens vergangenen Sonntag bestätige dies zunächst, doch dann folgte heftiger Regen. Angeblich sollen es im März nur sieben Regentage geben, aller Voraussicht werden wir davon fünf während unseres elftägigen Aufenthalts abbekommen. Immerhin zeigt das Thermometer 14 Grad an, es könnte also noch schlimmer sein.

Am Freitag begann die Tour of Rhodes mit einer sehr nassen 1.Etappe. Der Start wurde aufgrund des starken Regens um eine Stunde nach hinten verschoben, somit konnten wir immerhin die ersten 20 Kilometer im Trockenen fahren. Danach gingen jedoch die Schleusen auf und es sollte bis zum Ende der Etappe nicht mehr aufhören.

Am ersten Berg des Tages drückte das Team Roth-Akros ordentlich aufs Tempo und das Feld zog sich extrem in die Länge. Die Bergwertung erreichte ich kurz nach der ersten Gruppe und nahm in der nassen Abfahrt die Verfolgung auf. Bereits mit Sichtkontakt nach vorne bemerkte ich einen Schleicher an meinem Vorderrad, nach kurzer Zeit war die Luft komplett entwichen. Mir blieb nichts anderes übrig als auf mein Teamfahrzeug zu warten, dies dauerte aufgrund der engen Straßen und der vielen kleinen Gruppen fast vier bis fünf Minuten.

Ich fand mich in einer der letzten Gruppe wieder, so galt es für mich nur noch, innerhalb der Karenzzeit ins Ziel zukommen. Dies war jedoch gar nicht so einfach wie es sich anhört. Aufgrund des starken Regens waren fast alle Straßen überschwemmt und voller Geröll. Spätestens, als dann noch ein Gewitter über uns niederging, waren wir uns in der Gruppe einig, dass wir sowas noch nie erlebt hatten.

Am Samstag startete die 2.Etappe pünktlich um 12 Uhr, allerdings bei ähnlich starkem Regen wie die gestrige zu Ende ging. Die Straßen an der Küste waren immer noch überschwemmt und bremsten ganz schön aus, wenn man eine größere Pfütze erwischte. Nach etwa 30 Kilometern ging es in den ersten Berg hinein, und die Schäden durch die starken Regenfälle wurden mehr und mehr sichtbar. Es lagen zum Teil riesige Felsbrocken auf der Straße, die vor allem die Abfahrten sehr gefährlich machten.

Nach den ersten schnellen 50 Rennkilometern kehrte etwas Ruhe im Feld ein und es hörte sogar auf zu regnen. Während der ganzen Etappe schaffte es keine größere Gruppe, sich dauerhaft vom Feld abzusetzen. Die Teams der Führenden kontrollieren das Rennen und machten es jedem Ausreißer schwer, etwas Zeit herauszufahren. Zum Finale gingen wieder heftige Regenfälle über uns nieder und nach einen Ausscheidungsfahren über die letzten Anstiege, fand ich mich zusammen mit Raphael Freienstein in einer 20 Mann starken Gruppe wieder.

Auf erneut abtrocknenden Straßen waren noch 30 Kilometer an der Küste entlang zu absolvieren. Nach einigen Attacken konnte sich ein Fahrer des Team Leopard (Szymon Rekita, d. Red.) etwa 15 Kilometer vor dem Ziel absetzen und einen verdienten Solo-Sieg einfahren, Raphael sprintete noch auf den siebten Platz. Zu unserer Überraschung schaffte Joshua Huppertz und Luca Henn auf den letzten drei Kilometern noch den Anschluss an unsere Gruppe.

Jetzt heißt es Schuhe trocknen, damit wir wenigstens am Sonntag an der Startlinie trockene Füße haben. Einen blauen Himmel und Sonnenschein können wir leider auch dann nicht erwarten.

Bis dann

Euer Christopher

 

13.03.2017 - Irgendwann komme ich durch!

Leider habe ich meine Schuhe bis zum Start nicht mehr trocken bekommen, somit rollte ich mit feuchten Radschuhen zum Start der letzten Etappe. Aber daran hatte ich mich die letzten Tage ja schon gewöhnen dürfen. Pünktlich zum Startschuss fing es dann natürlich auch wieder an zu regnen, was auch sonst... der fünfte Regentag in Folge hier auf Rhodos!

Die vermeintlich einfachste Etappe stand an und viele Fahrer hofften nach den Strapazen der vergangenen Tage auf ein kontrolliertes Rennen. Die ersten 60 Kilometer führten uns auf der bekannten und leicht welligen Küstenstraße in den Süden der Insel. Zunächst mehr oder weniger kontrolliert ging es in den bergigen Teil der Etappe. Dort erwarteten uns einige knackige Anstiege, in denen sich das Feld in die Länge zog. Die Rennsituation änderte sich nach jedem Steilstück und größere Gruppen suchten ihr Heil in der Flucht. Erst kurz vor der letzten langen Abfahrt zurück an die Küste konnte sich eine zehn Mann starke Gruppe absetzen.

Mit dabei waren einige gefährliche Leute für die Gesamtwertung, weshalb das Feld alles daran setzte, die Gruppe zurückzuholen. Nach einigen sehr schnellen Kilometern schafften wir den Anschluss und alles deutete auf einen Massensprint hin. Nach einigen weiteren Attacken einzelner Fahrer schauten sich plötzlich alle im Feld an - und ich nutzte etwa 15 Kilometer vor dem Ziel die Gunst der Stunde. Überrascht, dass keiner an meinem Hinterrad, saß nahm ich mein Herz in die Hand und suchte mein Heil in der Flucht. Erst später wurde mir klar, das 15 Kilometer alleine vor dem Feld lang sein können, sehr lang.

Zunächst aber konnte ich meinen Vorsprung ausbauen und glaubte immer mehr an den Erfolg meiner Attacke. Das 10-Kilometerschild am Straßenrand zeigte mir leider zu deutlich, wie weit es noch war. Ich merkte, dass die Kräfte langsam schwanden und das Feld konnte wieder einige Sekunden gut machen. Etwa fünf Kilometer vor dem Ziel schlossen Justin Wolf (Dauner) und ein Fahrer von Vorarlberg zu mir auf. Wir harmonierten gut, aber das Feld kam unaufhaltsam näher und stellte uns genau am letzten Kilometer. Völlig entkräftet, aber dennoch zufrieden rollte ich ins Ziel. Die Form stimmt und ich habe es versucht. Irgendwann komme ich durch!

Eine kleine Überraschung gab es für uns am Abendbuffet im Hotel. Nach dem sehr eintönigen Essen der vergangen Woche, das zwischen Nudeln mit Tomatensoße und heller Soße wechselte, gab es heute tatsächlich Gyros mit Zaziki. Nach diesem Festmahl spürte ich meinen Magen deutlich mehr als meine Beine. Montag früh geht es zurück nach Hause, und zwar mit ordentlich Knoblauch im Atem.

Euer Chris